Nach dem bitteren Spektakel: Fleißarbeit im engsten Raum

Matias Concha und die Bochumer werden auch am Samstag versuchen, es Claudio Pizarro und Co. so schwer wie möglich zu machen. Beim Bremer 4:1 im Hinspiel klappte das nicht.
Profis
Donnerstag, 01.01.1970 / 01:00 Uhr

„Aufm Weg nach Bremen!“ twitterte Lewis Holtby, der hochtalentierte Offensivgeist aus Bochum, am Freitagnachmittag seinen 2.119 Followers. Etwas weniger als 24 Stunden später, am Samstag, 20.03.2010, wird sein VfL um 15.30 Uhr im Weser-Stadion gegen Werder zum 27. Spieltag der Bundesliga antreten. Wäre Holtby etwas auskunftsfreudiger gewesen, hätte er angefügt: „Zum zweitn Mal in dieser Spielzeit aufm Weg nach Bremen!“ Bereits Mitte Dezember 2009 gastierte er mit seinem damaligen Klub Schalke 04 in der Hansestadt - und erlebte einen überaus positiven Kurz-Aufenthalt. Die Königsblauen gewannen mit 2:0, es war das Ende der beeindruckenden Werder-Serie von 23 Pflichtspielen ohne Niederlage. Eingeleitet von: Lewis Holtby, der in der 47. Minute Kevin Kuranyi mustergültig bedient hatte, woraus dieser das wegweisende 0:1 folgen ließ.

 

Schaaf: „Sie haben vielen Mannschaften das Leben sehr schwer gemacht

 

In der Winterpause wurde der 19-Jährige an den VfL Bochum ausgeliehen, wo dessen vorheriger Förderer aus der Junioren-Nationalmannschaft den Trainerposten ausfüllt. Heiko Herrlich trat die vakante Stelle am 27. Oktober 2009 beim Ruhrpott-Klub an, der nur zwei Tage zuvor unter Interims-Coach Frank Heinemann beim 1:4-Heimdebakel gegen Werder Bremen am vorläufigen negativen Höhepunkt einer grauenhaft begonnenen Saison angekommen war. Marcel Koller war zu dem Zeitpunkt bereits vier Wochen entlassen, der VfL drohte mit lediglich zwei Siegen aus zehn Spielen und damalig insgesamt acht Punkten in der Versenkung des Tabellenkellers zu versteifen. Bis Heiko Herrlich, ehemaliger Torschützenkönig, sich voller Eifer gleich bei seinem ersten Bundesliga-Engagement vor den angeknacksten Karren eines Abstiegskandidaten spannte. Eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, doch Herrlich hat schon weitaus größere Probleme in seinem Leben gemeistert. Etwa, als er Anfang des Jahrtausends einen bösartigen Gehirntumor und den Krebs besiegte. Nun, neun Jahre später, wollte der heute 38-Jährige unbedingt das Angebot aus Bochum wahrnehmen. Dafür flog er extra nach München, direkt auf die Wohnzimmer-Couch von DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, um die Freigabe aus dem Amt des U 19-Trainers zu erbeten. Sammer ließ ihn ziehen.

 

Heute, gerade als sich der VfL-Tross in Richtung Bremen bewegte, hatte Werders Cheftrainer Thomas Schaaf auf dem Podium zu Werders Pressekonferenz Platz genommen und wusste über den morgigen Gegner zu rekapitulieren, dass dieser „bisher vielen Mannschaften das Leben sehr schwer gemacht hat.“ Zu erwähnen wären da solch ambitionierte Vertreter wie der FC Schalke (2:2), Bayer Leverkusen (1:1), der HSV (1:0) oder der VfB Stuttgart (1:1.). Kaum vorstellbar, wer die verunsicherten Bochumer zwischen Ende August und Ende Oktober sah. Zuvorderst ist dieser Verdienst dem Trainer anzurechnen, der, wie der Berliner 'Tagesspiegel' unlängst auflistete, „Demut und die Bereitschaft zu dienen“ verlangt, darauf pocht, sich für die Gemeinschaft aufzuopfern, stets hohe Ziele zu verfolgen und daran zu glauben, dass sie zu erreichen sind.

 

VfL sammelte fleißig Punkte, aber ist noch lange nicht gerettet

 

Das Team um Kapitän Marcel Maltritz wirkt eindeutig gefestigt und hat aktuell 27 Punkte gegen den Abstieg gesammelt. „Es wird nicht viel Raum geben. Sie stehen kompakt in der Tiefe, betreiben einen hohen läuferischen Aufwand und sind auf Konter ausgerichtet“, beleuchtete Thomas Schaaf. Vor allem werden die Bochumer selbstverständlich auch in Bremen „ihrem Spiel treu bleiben“, ist sich der 48-Jährige sicher und unterstreicht: „Da sind sie gefährlich.“ Daraus ergibt sich für Werder zwangsläufig höchster Aufwand. „Wir müssen den Gegner in die Position bringen, dass er sein taktisches Konzept ändern muss – das kann Geduld brauchen“, blickte Schaaf voraus und sieht folgende Rolle auf seine Mannschaft zukommen: „Wir werden anrennen und müssen Fleißarbeit leisten“, um dem Außenseiter den Nerv zu ziehen.

 

Den Blau-Weißen würde jeder erkämpfte Punkt recht sein, denn von restlos gebannten Bochumer Unannehmlichkeiten kann beim Blick auf die Tabelle noch lange keine Rede sein. Zwar beträgt das Polster auf die direkte Rutschfahrt ins Unterhaus (Rang 17) ermutigende sieben Punkte, aber nur noch vier Zähler Rückstand muss Relegationsplatz-Inhaber Hannover 96 gutmachen. Zwei schmerzliche 1:4-Niederlagen gegen Dortmund und Wolfsburg setzte es zuletzt, außerdem verpasste der VfL vor drei Wochen schon beim enttäuschenden 0:0 daheim gegen den direkten Konkurrenten aus Nürnberg ein Ausrufezeichen an die restlich Bedrohten. „Jetzt haben wirklich alle begriffen, dass wir noch längst nicht gerettet sind. Wir wissen, dass die Situation ernst ist“, erläuterte Heiko Herrlich. Vorerst nicht dazu beitragen, dass in Bochum aus „ernst“ alsbald eine positive Gefühls-Kette über „durchatmend“ und „beruhigend“ bis hin zu „gerettet“ entsteht, können Mittelfeldspieler Mimoun Azaouagh (Brüche zweier Mittelhandknochen) und der serbische Neuzugang Milos Maric (Rotsperre). Dafür kehren Mergim Mavraj und Roman Prokoph nach abgesessenen Gelbsperren zurück. Der erfahrene und wuchtige Strafraum-Knipser Diego Klimowicz könnte nach überstandenen Hüftbeschwerden als Joker eine Rolle spielen.

 

Werder: Nach dem Zwiespalt von Valencia neuer Ansporn für zwei heiße Eisen

 

Noch am Donnerstagabend verfolgte Heiko Herrlich ebenso gefesselt wie die restlichen 24.200 im Weser-Stadion das atemberaubende Europa-League-Rückspiel der Grün-Weißen gegen den FC Valencia. Nach lediglich einer vergangenen Nacht hatte das 4:4, dieses so bittere Ausscheiden, nichts von seiner Zwiespältigkeit verloren. Was es wohl in einigen Wochen noch immer nicht getan haben wird. „Wir haben Dinge gesehen, die wir nicht erleben wollen“, sprach Thomas Schaaf unmissverständlich an (Stichwort 'Defensivarbeit' des Teams, das vier Gegentore zuließ), „wir haben es aber auch zu einem außergewöhnlichem Spiel gebracht“, was – wieder einmal – in die Annalen eingegangen ist. Einem außergewöhnlichen Spiel in höchstem Tempo, einem nicht zu brechenden Willen, ganz gleich wie tief der jeweils zu unmöglichsten Zeitpunkten erlittene Rückschlag auch stach (0:2, 1:3, 3:4) und kreierten Tor-Chancen in Mengen – „nur“ ohne Happy-End.

 

Und die Erwartung des Bochumer Trainers via „Reviersport“ („Sie werden jetzt hochmotiviert sein, haben in der Bundesliga und im DFB-Pokal noch zwei heiße Eisen im Feuer“) deckt sich genau mit dem Ansporn der Grün-Weißen, stellvertretend übermittelt durch Cheftrainer Schaaf: „Wir werden jetzt nicht aufhören, nur weil wir aus einem Wettbewerb ausgeschieden sind. Wir haben in den letzten Jahren bewiesen, diese Aufgaben zu bewältigen und die Konzentration aufrecht zu erhalten.“

 

von Maximilian Hendel

 

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