Nach sieben Monaten Entzug – Das Zuckerl im Norden

19 Tage - 1.000 Geschichten: Die Werder-Profis feiern gemeinsam mit der Ostkurve das 2:0 über den HSV im Mai.
Profis
Donnerstag, 01.01.1970 / 01:00 Uhr

Das Urteil war gnadenlos: Sieben Monate kalten Entzug erteilten die Spielansetzer der Deutschen Fußball Liga dem Nordderby schlechthin. Und das nach diesen historienträchtigen vier Aufeinandertreffen binnen 19 Tagen zwischen April und Mai, als wegweisende Vorentscheidungen im DFB-Pokal, im UEFA-Cup und in der Bundesliga fielen. Aber die Leidenszeit hat ein Ende. Am Sonntag, 20.12.2009, um 15.30 Uhr nun begegnen sich der Hamburger SV und Werder Bremen in der HSH Nordbank Arena erstmals seit vergangenen Mai wieder, um am 17. Spieltag die neuerliche Bundesliga-Hinrunde beider Mannschaften abzuschließen.

 

Unvergessliche Bilder des dramatischen Quartetts

 

Im günstigsten Fall schrumpft der Bremer Rückstand zur Spitze, aus dem wirklich pessimistischsten Blickwinkel droht Platz sieben. Für vorweihnachtliche Rechenschieberei hat Werders Cheftrainer Thomas Schaaf gewohnt nichts übrig „Ein Spiel ist nicht entscheidend, es wird nicht alles herumreißen“, betont der 48-Jährige. „Dennoch möchten wir natürlich ein positives Gefühl in die knappe Winterpause mitnehmen.“ Und welche Herausforderung bietet eine passendere Gelegenheit dafür? „Wir alle haben mitbekommen, wie viel dieses Spiel bedeutet. Natürlich weckt das Emotionen“, sagt Schaaf. Ebenso verallgegenwärtigt sein Hamburger Amtskollege Bruno Labbadia die süße Versuchung der Partie: „Diese Spiele sind das Zuckerl für jeden Profi!“ Er muss es wissen. Einige Zeit seiner Karriere schmiss sich der heute 43-Jährige unter anderem sowohl im Leibchen der „Roten“ als auch in jenem der Grün-Weißen durch die Strafräume der Bundesliga.

 

Diese unvergesslichen Bilder, die sportlichen Geschehnisse auf fußballerischem Höchstniveau, diese in nur 19 Tagen geschriebenen 1.000 Geschichten im Zuge des aufgeführten dramatischen Quartetts haben sich in die Gedächtnisse eingebrannt; und werden dort wohl auch in den kommenden Jahrzehnten nicht vergrauen. Cheftrainer Thomas Schaaf ließ es sachlich und prägnant Revué passieren: „Für die einen war es schön, für die anderen weniger schön.“ Werder gelangen – jeweils auswärts in Hamburg - zwei Finaleinzüge im DFB-Pokal und UEFA-Cup – und der HSV verdarb sich am 31. Spieltag beim 0:2 im Weser-Stadion die zuvor so hart erarbeiteten realen Möglichkeiten auf die erste Meisterschaft seit 1983.

 

Auf Jol folgte Labbadia – Die Qualität ist geblieben

 

Es war kaum Zeit geblieben, eine Schock-Therapie zu betreiben, da ereilte die Elbstädter nur drei Tage nach Saisonende die nächste einschneidende Hiobsbotschaft. Martin Jol – kaum zwölf Monate auf dem Trainerstuhl – löste seinen Vertrag aufgrund „unterschiedlicher Auffassungen über die Zukunft“ und folgte sogleich dem heimatlichen Ruf von Ajax Amsterdam. Nicht nur der HSV und seine Fans bedauerten damals diesen Schritt, selbst Bundestrainer Joachim Löw: „Er ist ein hervorragender Trainer, der neue Ideen und Impulse nach Deutschland gebracht- und unter dem sich der HSV super entwickelt hat.“ Als Nachfolger präsentierte der Verein alsbald Bruno Labbadia, dessen Leverkusener Engagement vorzeitig geendet war.

 

Eine sich bislang äußerst positive auswirkende Personalentscheidung. Auch wenn die Pokalniederlage im Elfmeterschießen beim VfL Osnabrück eine Kerbe in der Bilanz hinterließ; die Hamburger zählen erneut zum engsten Zirkel der Titelkandidaten und haben die Gruppenphase der Europa League gemeistert. Im Vergleich zum letzten Jahr? „Die Qualität ist geblieben“, verdeutlicht Thomas Schaaf. „Es liegt nicht viel zwischen beiden“, fuhr Geschäftsführer Klaus Allofs fort. Um genau zu sein ein tabellarischer Rang zu Bremer Gunsten, aber kein Punkt, Millimeter also. Die „leichte Favoritenstellung“ hat Klaus Allofs derweil „bei der Mannschaft mit dem Heimrecht“ ausgemacht.

 

„Ein Gewinn für alle“: Fußball muss im Mittelpunkt stehen

 

Allerdings schlägt den Hamburgern seit Längerem eine Verletzungsmisere, die einige namhafte Kräfte, teilweise gar Unverzichtbare wie Neuzugang Zé Roberto erwischte, aufs Gemüt. Zum Brasilianer gesellen sich unter anderem Alex Silva, Collin Benjamin, Paulo Guerrero (Drei Kreuzbandrisse), Romeo Castelen (Knie-OP) oder Bastian Reinhardt (Mittelfußbruch). Mehr Freude bereiten da beispielsweise schon die klar aufsteigenden Formkurven von Mladen Petric oder Marcell Jansen nach deren langwierigen Ausfällen. „Wenn alle Mann an Bord sind, wären sie wohl noch stärker“, ahnt Thomas Schaaf. Dorthin zurückkehren könnte eventuell noch der wendige Blitz Jonathan Pitroipa. Allerdings nur, wenn er körperlich „in der Lage ist, uns auch für 10 bis 15 Minuten zu helfen“, sagte Labbadia. Aufschluss wird das morgige Abschlusstraining geben.

 

Es wird zu diesem Zeitpunkt nur noch etwas mehr als 24 Stunden lang anhaltendes Kribbeln bis zum Anpfiff vergehen. „Ich hoffe, dass beide Mannschaft ihre Qualitäten abliefern können, die sich auch in dieser Saison bereits hervorgetan haben“, blickt Thomas Schaaf noch einmal voraus, ohne dabei eine ebenso wichtige Komponente des in allen Belangen friedlichen Ablaufs außer Acht zu lassen: „Wenn der Rahmen so ist, dass man sich auf das Fußballerische konzentrieren kann, so lang es fair und sportlich geklärt wird, ist es ein Gewinn für uns alle.“

 

von Maximilian Hendel

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